Engel begegnen uns heutzutage in allen möglichen Situationen des
Alltags: in der Werbung; in Filmen und auch in vielen Liedern. Sie
werden immer wieder gerne besungen, manche Pop-Gruppen benennen sich
sogar nach ihnen. Auch in der Kunst begegnen uns die Engel. Wer kennt
sie nicht die beeindruckenden Engeldarstellungen eines Michelangelo oder
Raffaelo.
Selbst Menschen werden als Engel bezeichnet. „Du bist ein Engel!“ ist
ein häufig verwendetes Kompliment. Oder denken wir an den „Engel von
Kalkutta“, die selige Mutter Teresa.
Situationen, wie folgende, sind heute, in einem doch so „aufgeklärten Zeitalter", keine Seltenheit:
Während einer Zugfahrt saß in einem Abteil ein Vater mit seinen beiden
Söhnen. Damit es nicht so langweilig war, spielten die drei dieses
Spiel: mit dem letzten Buchstaben eines Wortes musste ein neues Wort
gebildet werden.
Als der Vater nun mit einem „e" ein neues Wort bilden musste, sagte er
das Wort Engel. Sofort kam Protest des dreijährigen Sohnes. Engel gäbe
es doch gar nicht. Darauf sagte der Vater: „Das Wort ,Engel‘ gäbe es
schon; aber Engel existieren überhaupt nicht. Da hast du recht, mein
Sohn." (wahre Begebenheit)
Als Priester wird man immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob es
Engel überhaupt gibt und wenn ja, warum wir sie brauchen? Selbst in der
katholischen Kirche gibt es Stimmen, die meinen, man müsse sich doch in
der Theologie, in der Katechese oder im persönlichen Geistlichen Leben
nicht mit einem so „nebensächlichen“ Thema wie dem der Existenz und der
aufgabe der Engel beschäftigen. Es gäbe wahrhaft wichtigere Dinge zu
bedenken und zu tun. Natürlich ist unser Herr Jesus Christus der Sohn
Gottes, der zu unserem Heil Mensch geworden ist, der für uns am Kreuz
gestorben ist und auferstanden ist und uns dadurch erlöst hat,
Mittelpunkt unseres Glaubens. Dieses Geheimnis wird täglich gegenwärtig
gesetzt bei der Feier des heiligen Messopfers. Und dennoch gehört die
Existenz und das Wirken der Engel zu den Glaubenswahrheiten der
katholischen Kirche, die wir nicht einfach streichen oder ignorieren
können oder dürfen.
Der Katechismus der katholischen Kirche sagt unter Nummer 328: «Dass es
geistige, körperlose Wesen gibt, die von der Heiligen Schrift für
gewöhnlich ,,Engel“ genannt werden, ist eine Glaubenswahrheit. Das
bezeugt die Schrift ebenso klar wie die Einmütigkeit der Überlieferung.»
Zum Abschluss seiner Angelusansprache am 1. März 2009 sagte Papst
Benedikt XVI. einen sehr bemerkenswerten Satz: «Liebe Brüder und
Schwestern, wir würden einen beachtlichen Teil des Evangeliums
wegnehmen, würden wir die hl. Engel, diese Gesandten Gottes, beiseite
lassen, die seine Gegenwart unter uns verkünden und eines ihrer Zeichen
sind.» Kard. Journet hat es etwas dramatischer ausgedrückt, wenn er
sagte, die hl. Engel zu leugnen würde bedeuten, jede zweite Seite aus
der Bibel reißen…
Es ist gerade unser Heiliger Vater, Papst Benedikt XVI., der in letzter
Zeit immer wieder auf die hl. Engel hingewiesen hat und die Gläubigen
aufgefordert hat, vertrauensvoll um die Hilfe und den Schutz der hl.
Engel zu beten. Die „unsichtbare Gegenwart dieser seligen Geister“ sei
von großer Hilfe und von großem Trost, so der Papst.
Sie begleiteten die Menschen und verteidigten sie vor den Gefahren.
Viele Heilige hätten mit den Engeln eine freundschaftliche Beziehung
gepflegt. Die Engel seien eine von Gott gesandte Hilfe für den Menschen
auf der irdischen Pilgerreise zur himmlischen Heimat. Am Festtag der hl.
Erzengel (2007) hielt Papst Benedikt XVI. eine bemerkenswerte Predigt
über die hl. Engel, in der er Wesen und Aufgabe der hl. Engel kurz und
prägnant erklärte.
Es ist wie eine Kurzkatechese über die hl. Engel, eine Zusammenfassung dessen, was die Kirche über die hl. Engel lehrt.
Der Papst sagte: „Was ist ein Engel? Die Heilige Schrift und die Tradition der Kirche lassen uns zwei Aspekte erkennen.
Der Engel ist einerseits ein Geschöpf, das vor Gott steht und mit seinem
ganzen Sein auf Gott ausgerichtet ist. Alle drei Namen der Erzengel
enden mit dem Wort »El«, was »Gott« bedeutet. Gott ist in ihre Namen, in
ihr Wesen eingeschrieben. Ihr wahres Wesen ist das Dasein vor Ihm und
für Ihn.
Genau daraus erklärt sich auch der zweite Aspekt, der die Engel
kennzeichnet: Sie sind Boten Gottes. Sie bringen Gott zu den Menschen,
sie öffnen den Himmel und öffnen so die Erde. Gerade weil sie bei Gott
sind, können sie auch dem Menschen sehr nahe sein. Gott ist in der Tat
jedem von uns näher als wir es uns selbst sind. Die Engel sprechen zum
Menschen von dem, was sein wahres Sein ausmacht, von dem, was in seinem
Leben so oft zugedeckt und begraben ist. Sie rufen ihn auf, wieder zu
sich zu kommen, indem sie ihn von Gott her berühren. In diesem Sinn
sollten auch wir Menschen immer wieder füreinander Engel werden – Engel,
die uns von den falschen Wegen abbringen und uns immer von neuem auf
Gott ausrichten.“
Ein Geschöpf, das vor Gott steht
Der Engel ist zuallererst „ein Geschöpf, das vor Gott steht und mit
seinem Ganzen Sein auf Gott ausgerichtet ist.“ – So Papst Benedikt. Die
Engel schauen ununterbrochen das Antlitz Gottes, sie sind sich der Größe
und Liebe Gottes ständig bewusst, deshalb ist ihr ganzes Dasein
Anbetung. Die Engel beten Gott an, ja ihr ganzes Dasein ist Anbetung
Gottes. Und es ist der brennende Wunsch der hl. Engel, auch uns zur
Anbetung, ja vielmehr zu einem Leben der Anbetung zu führen.
Wie sehr die hl. Engel in der Anbetung Gottes leben durfte auch der hl.
Apostel und Evangelist Johannes schauen. Er warf gewissermaßen einen
Blick in den Himmel hinein und sah die Engel am Thron Gottes anbeten. Im
Buch der Geheimen Offenbarung heißt es: «Alle Engel standen rings um
den Thron, um die Ältesten und die vier Lebewesen. Sie warfen sich vor
dem Thron nieder, beteten Gott an und sprachen: Amen, Lob und
Herrlichkeit, Weisheit und Dank, Ehre und Macht und Stärke unserem Gott
in alle Ewigkeit. Amen.» (Offb 7,11-12)
Der große Theologe Romano Guardini, sagt über diese Stelle aus der Hl.
Schrift: «Hier sind Geschöpfe, die nichts sind, als Anbetung, nichts
können als Anbetung – doch damit können sie das eine und das alles.»
(ROMANO GUARDINI, Engel – Theologische Betrachtungen, Topos, 4. Aufl.
2002, 44.)
Selbst wenn ein hl. Engel eine besondere Aufgabe zu erfüllen hat, z.B.
als Bote Gottes oder als Schutzengel eines Menschen - er bleibt dennoch
in der ständigen Anbetung Gottes. Sein ganzes Sein und Wesen ist
Anbetung Gottes. So sind auch das ganze Leben und die ganze Sendung Jesu
von der Anbetung der Engel umgeben. Im Katechismus der katholischen
Kirche heißt es: «Von der Menschwerdung bis zur Himmelfahrt ist das
Leben des fleischgewordenen Wortes von der Anbetung und dem Dienst der
Engel umgeben. Als Gott ,,den Erstgeborenen in die Welt einführt, sagt
er: ,Alle Engel Gottes sollen sich vor ihm niederwerfen‘" (Hebr 1,6).»
(Nr. 333)
Die Anbetung ist nicht nur ein Tun der Engel, also einzelne „Akte der
Anbetung“, sondern das „Wesen“ der Engel. Das Sanctus, das drei mal
Heilig, welches wir in jeder hl. Messe singen bzw. beten wird immer
eingeleitet mit den Worten der Präfation, wo es heißt, dass wir mit den
Engeln in diesen Chor, in diese Anbetung einstimmen. Das Sanctus ist das
Anbetungsgebet der Engel schlechthin. Es ist eine liturgische Anrufung,
die sich aus der Anbetung der Seraphim, wie sie im Buch Jesaja 6,3
beschrieben ist, herleitet. Dort heißt es: «Serafim standen über ihm.
Jeder hatte sechs Flügel: Mit zwei Flügeln bedeckten sie ihr Gesicht,
mit zwei bedeckten sie ihre Füße, und mit zwei flogen sie. Sie riefen
einander zu: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heere.
Von seiner Herrlichkeit ist die ganze Erde erfüllt.»
Aus diesem ersten Aspekt ergibt sich für uns das wahre, katholische Bild
vom hl. Engel, welches in der Geschichte – sei es in der Literatur, in
der Theologie oder besonders auch in der Kunst - immer wieder entstellt
wurde: Der hl. Schutzengel ist kein „Engelein“, auch kein
„Schutzengelein“. Er ist eine machtvolle Persönlichkeit, mit viel mehr
Persönlichkeit ausgestattet als wir und uns weit „überlegen“. Und
deshalb ist der hl. Schutzengel nicht unser „Diener“. Er ist Diener des
Allmächtigen Gottes in der ganzen Freiheit seines Willens. Wenn Gott ihn
zum Schutzengeldienst ruft, dann dient er Gott in uns. Darum schaut er
auch immer auf Gott - und nur durch Gott hindurch auf uns - und auch der
ärgste Sünder kann ihm nicht die Sicht auf Gott verstellen.
Bote Gottes
Der zweite Aspekt, den Papst Benedikt als Kennzeichnung der hl. Engel
anführt lautet: „Sie sind Boten Gottes.“ Schon im Buch Exodus heißt es:
„Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht. Er soll dich auf
dem Weg schützen und dich an den Ort bringen, den ich bestimmt habe.
Achte auf ihn, und hör auf seine Stimme! ... Wenn du auf seine Stimme
hörst und alles tust, was ich sage, dann werde ich der Feind deiner
Feinde sein und alle in die Enge treiben, die dich bedrängen.“ (Ex,
23,20-23)
Bemerkenswert an dieser Stelle ist, das Gott von der Stimme des Engels
spricht („Wenn du auf seine Stimme hörst“) und gleichzeitig von seinem
eigenen Willen („tust, was ich dir sage“). Es ist die Stimme des Engels,
aber was er sagt, ist von Gott. Er ist Beauftragter, Bote, ja in diesem
Fall sogar „Stellvertreter Gottes“ an unserer Seite. Ganz in diesem
Sinne sagt der hl. Basilius: ,,Einem jeden der Gläubigen steht ein Engel
als Beschützer und Hirte zur Seite, um ihn zum Leben zu führen“
(Basilius, Eun. 3,1).
In diesem Sinne dürfen wir den hl. Schutzengel als einen Liebesbeweis
Gottes bezeichnen. So sehr liebt Gott jeden einzelnen Menschen, dass er
ihm einen Engel als Beschützer und Hirten zur Seite stellt, um ihn zum
Leben zu führen. Wir könnten genauso gut sagen, um ihn zum Ewigen Leben
zu führen. Das ist ja das erste und wichtigste Anliegen des hl.
Schutzengels: dass wir das Ewige Leben erlangen. Deshalb dürften wir das
Gemeinte auch so formulieren: Einem jeden Gläubigen steht ein Engel zur
Seite, um ihn zu Gott zu führen, denn Gott ist das Leben, das Ewige
Leben. In all dem sehen wir die Liebe und gütige Vorsehung Gottes.
Der Engel bringt GOTT zu uns, indem er der „persönliche Vertreter“
GOTTES bei uns ist. Er ist die „persönliche Offenbarung der Vorsehung
GOTTES“ für mich. Das ist für uns ein ganz großer Trost, zu wissen, dass
wir GOTT soviel wert sind, dass er uns einen persönlichen Schutzengel
schenkt, der ein Leben lang mit uns geht. Für den hl. Bernhard von
Clairvaux ist die Existenz der hl. Schutzengel ein Beweis dafür, „dass
der Himmel nichts außer Acht lässt, was uns helfen oder schaden könnte.“
Der Diener Gottes Papst Johannes Paul II. hat einmal gesagt, dass an
den hl. Schutzengel zu denken eine Gelegenheit sei, um „an den Eifer zu
denken, mit dem sich Gott um jeden einzelnen Menschen kümmert.“ Und
weiter: „Erfahrt die Gegenwart der Engel, die euch nahe sind und lasst
euch von ihnen leiten.“ (Audienz am 29.9.2004)
Wir wissen, dass sich viele Menschen gar nicht gerne darüber
Rechenschaft geben, dass es die Engel gibt. So gehen die hl. Engel
förmlich anonym mit ihnen durch diese Welt. Das ist - menschlich
gesprochen - schon eine „Not“ für die hl. Engel. Nicht, dass sie
deswegen weniger treu sein würden oder weniger eifrig. Aber nie beachtet
oder verkannt zu werden (denken wir an die Esoterik), das ist natürlich
für den hl. Engel „schwer“ und dadurch kann er auch dem Menschen
weniger helfen, wenn der gar nicht auf ihn ausgerichtet ist, wenn er gar
nicht an ihn denkt, um ihn weiß oder an ihn glaubt. Viel leichter ist
es für den hl. Engel zu helfen, wenn ein Mensch ihn gläubig anruft und
sich bemüht, mit dem hl. Schutzengel durchs Leben zu gehen.
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