Leitartikel im "Schweizerisch Kathoischen Sonntagsblatt" Nr. 22/2012
von P. Bernhard Speringer
In manchen Zeitschriften gibt es in der Novemberausgabe oder rund um
das Fest Allerseelen sogenannte
"Miniumfragen". Vor einiger Zeit lautete die Frage, die in einer
solchen Umfrage gestellt wurde: "Was
kommt nach dem Tod?" 9 Personen wurden dazu befragt. Einige möchte ich
wiedergeben:
·
Kaufmann: "Wenn der Sargdeckel zugeht,
ist es aus, mausetot und fertig. Alles andere ist Quatsch."
·
Schülerin: "Ich habe mich noch nie damit
beschäftigt, was da nach meinem Tod noch alles auf mich zukommen sollte."
·
Student: "Wenn ich sterbe, bin ich als
Person völlig weg von der Platte. Vielleicht werden meine innersten Werte und
Ideen irgendwie und irgendwann in einer anderen Person auftauchen. Doch das hat
mit meiner Person nichts zu tun."
·
Bankangestellte: "Ich habe schon von
vielen Seiten über Seelenwanderung gehört und will mich einmal gründlich damit
beschäftigen."
·
Schauspielschüler: "Durch eine Hypnose
habe ich erfahren, dass ich bereits dreimal vor meinem jetzigen Leben existiert
habe."
Traurig ist: Von keinem einzigen der 9 Befragten war die Antwort des
christlichen Glaubens zu hören, die wir im Credo bekennen:
"Ich
glaube an die Auferstehung der Toten und das Ewige Leben."
Ein Indiz dafür, wie weit die Säkularisierung der Gesellschaft, selbst
der Kirche, schon fortgeschritten ist. „Früher
lebten die Menschen 50 Jahre und dann eine Ewigkeit; heute leben sie 90 Jahre
und dann ist alles vorbei.“ – lautet ein bekanntes Zitat.
Die ganze
riesenhafte Konsum- und Freizeitkultur der Moderne, die immer wieder zitierte
„Spaßgesellschaft“ kann einem vorkommen wie ein gigantisches Ablenkungsmanöver,
durch das die Menschen abgehalten werden, sich die wirklich wesentlichen und
existentiellen Fragen des Lebens zu stellen und sich im Oberflächlichen
verlieren. Marktforscher haben festgestellt, die Ursache, warum sich Halloween
in den letzten zehn bis 15 Jahren in Europa so rasant verbreitet hat liegt
einzig und allein darin, dass die Menschen den Gedanken an den Tod verdrängen.
Gerade rund um Allerseelen und im Monat November wird der Mensch mit dem Tod
konfrontiert, also auch mit dem Gedanken, dass sein eigenes Leben eines Tages
enden wird. Und da ziehen es natürlich viele vor eine Party zu feiern, als an
den Tod zu denken.
Wir
schieben die Frage gerne von uns und tun so, als ob sie schon längst
beantwortet wäre: Die Frage, was nach dem Tod kommt, die Frage nach dem ewigen
Leben, die Frage nach Himmel und Hölle - und auch die Frage, wo wir denn
unseren Platz haben werden.
Ob es ein
Leben nach dem Tode gibt, ist bei den meisten Menschen gar nicht so strittig.
Wie auch die oben angeführte Umfrage zeigt, ist für viele – Statistiken sagen
50 % - die Tatsache, dass es nach dem
Tode „irgendwie weiter geht“ gar nicht so strittig. Der Glaube aber daran, ob
im Jenseits die Guten von den Schlechten geschieden werden, dass man eines
Tages Rechenschaft ablegen muss und dass es so etwas wie ein Gericht gibt, dass
die einen in den Himmel kommen und die anderen an den Ort ewiger Verdammnis -
das verweisen sogar die meisten Christen als längst überholt in das Reich der
Legenden.
In der
Regel gibt es zwei Reaktionen:
Entweder
man redet sich ein, dass man ohnehin ein guter Mensch ist – der Glaube ist da
nicht so wichtig – und man kommt sicher in den Himmel, wenn es einen geben
sollte.
Oder man
wendet sich anderen religiösen oder esoterischen Weltbildern zu.
Wir kommen ohnehin in den Himmel
Nun sind
viele Christen in ihrem praktischen Glaubensleben – zugegeben überspitzt ausgedrückt
– der Meinung: Zum Himmel gibt es eine Rolltreppe. Da brauchst du nur am Anfang
einmal aufspringen (wir sind ja alle getauft worden, das haben wir im
Taufschein sogar schriftlich) und am Ende springt man kurz wieder ab (man lässt
sich ja noch kirchlich beerdigen). Und alles andere geht ganz automatisch von
selbst. Da braucht man nicht mehr viel zu tun; man kommt automatisch oben an.
Dieser Auffassung schiebt Jesus im Evangelium einen gewaltigen Riegel vor indem
er sagt: „Bemüht euch mit allen Kräften,
durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen
hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen!“ (Lk 13,24)
Viele
sagen: Bevor ich mir von der Kirche ein schlechtes Gewissen machen lasse, gehe
und höre ich dort einfach nicht mehr hin. Denn wenn die Kirche mir kein gutes
Gefühl vermittelt, sondern eher den Finger in die Wunden der Gesellschaft und
damit auch bei mir leget, dann hat die Kirche mir eben nichts mehr zu sagen.
Pseudoreligiöse und esoterische Vorstellungen
Selbst unter den Katholiken gibt es heutzutage die kuriosesten
Vorstellungen über das Leben nach dem Tod. Wir leben in einer Zeit des
Synkretismus, d.h. in einer Zeit, wo sich jeder seine eigene Religion
zusammenbastelt. Man nimmt von jeder Religion gewisse Elemente, die einem
gefallen, die einem vielleicht logisch und schön erscheinen und macht sich so
seine eigene Religion. So glaubt zum Beispiel ein großer Teil der Katholiken an
die Reinkarnation, an eine Wiedergeburt ins irdische Leben nach dem Tod. Die
Vertreter dieser Lehre sagen, dass ein Mensch, der schlecht gelebt hat, im
nächsten Leben sozusagen eine neue Chance bekommt, solange bis er ein guter
Mensch wird. Manche Formen dieser Lehre glauben auch an eine Wiedergeburt als
ein Tier oder dass man von Wiedergeburt zu Wiedergeburt in einer höheren
Lebensform reinkarniert. Der katholische Glaube kennt aber keine Wiedergeburt.
Weder die heilige Schrift noch die Überlieferung sprechen von einer
Reinkarnation. Im Hebräerbrief lesen wir: „...wie
es dem Menschen bestimmt ist, ein einziges Mal zu sterben, worauf dann das
Gericht folgt, so wurde auch Christus ein einziges Mal geopfert, um die Sünden
vieler hinwegzunehmen“ (Hebr 9,27).
Wir wissen
aber, dass Christus für uns gestorben ist, dass er uns erlöst hat, dass wir
durch die Gnade und Barmherzigkeit Gottes in den Himmel kommen und nicht nur
aus eigenen Verdiensten. Jesus hat zum guten Schächer am Kreuz gesagt: „Heute
noch wirst du mit mir im Paradiese sein...“ (Lk, 23,43) und nicht: „Morgen
musst du dich reinkarnieren, mein Lieber!“ Es ist wichtig, dass wir über
unseren Glauben Bescheid wissen und uns nicht von irgendwelchen Modeerscheinungen
und Trends in die Irre führen lassen. Gerade das „Jahr des Glaubens“ kann und
will dazu mehr als nur Anregungen geben.
Was sagt der katholische Glaube?
Der
Katechismus der katholischen Kirche, der in diesem Jahr des Glaubens gemeinsam
mit den Dokumenten des 2. Vatikanischen Konzis gewissermaßen im Zentrum unserer
Betrachtungen steht, gibt in den Nummern 988 bis 1065 unmissverständlich die
Lehre der Kirche zur Auferstehung der Toten und dem ewigen Leben wieder.
Die Kirche
lehrt ganz klar, dass nach dem Tod das
persönliche Gericht folgt, bei dem der Mensch sein ganzes Leben, alles was
er an Gutem und an Bösem getan hat im Lichte Gottes sieht. Das ewige Leben
besteht darin, dass wir in Gott und in der Gemeinschaft der Heiligen unsere
Glückseligkeit finden. Machen wir uns nichts vor: Es gibt das persönliche
Gericht eines jeden Menschen. Denn Gott nimmt unser Leben hier auf Erden ernst,
nicht nur das der Kriegsverbrecher und Mörder, sondern das eines jeden
Menschen. Das ist keine Drohung, keine Angstmacherei, sondern Ausdruck der
Liebe Gottes: Es ist eben nicht egal, was wir tun und wie wir leben. Nichts
anderes hat Jesus uns immer wieder gesagt.
Nun kann es aber sein, dass jemand auf Grund seiner Sünden überhaupt
noch nicht fähig ist in die volle Gemeinschaft mit Gott einzutreten. Die Sünde
trennt uns ja von Gott. Man bedarf also nach dem Tod gegebenenfalls noch einer Reinigung um endgültig in den Himmel zu
kommen. Jesus vergleicht den Himmel desöfteren mit einem „Hochzeitsmahl“, zu
dem aber nur diejenigen zugelassen werden, die in weißen Kleidern kommen. Das
weiße Kleid ist Symbol für sie Freiheit von der Sünde, Symbol für die
Heiligkeit. Wenn man zu einer Hochzeit geht und im schönen Kleid oder im
eleganten Anzug sich beschmutzt, dann will man ja gar nicht in diesem Zustand
vor dem Brautpaar erscheinen, sondern man wird sich bemühen, das Kleid zu
reinigen.
Der Reinigungsort (oder das Fegefeuer) ist nicht so sehr als Ort, wo
wir für unsere Sünden „bestraft“ werden, zu verstehen, sondern eigentlich,
tiefer betrachtet eine „Erfindung der Barmherzigkeit Gottes“. Denn im Fegefeuer
haben wir die Möglichkeit, die Läuterung zu erfahren und Busse für unsere
Sünden zu tun, die notwendig ist, um in die Freuden des Himmels eingehen zu können.
Es ist vielmehr ein Geschenk als eine Strafe. Die „Armen Seelen“ sind natürlich
„arme Seelen“, weil sie eben noch nicht im endgültigen Besitz Gottes, in der
beseligenden Gottesschau sind, aber sie sind auch glückliche Seelen, denn sie
haben die Gewissheit, dass sie bereits für die Ewigkeit gerettet sind. Für sie
ist die ewige Verdammnis bereits ausgeschlossen und unmöglich. Eine Gewissheit,
die wir auf Erden noch nicht haben – wir haben die christliche Hoffnung. So
sind am Ort der Läuterung größte Freude (das ewig bei Gott sein werden) und
größtes Leid (das noch fern sein von Gott) miteinander verbunden.
Haltet wir uns an das, was Jesus Christus sagt: Er ist die Wahrheit: Er
ist vom Vater gesandt worden, um Licht ins Dunkel unserer Fragen zu bringen und
uns den Weg zum ewigen Leben zu zeigen. Und so sagt er uns auf die Frage: Was
kommt nach dem Tode, ein Dreifaches:
1. Gott
ist kein Gott von Toten, sondern von Lebenden. Für ihn
sind alle „lebendig“. Unsere Verstorbenen leben bei Gott. Es gibt nicht nur das
Leben in dieser Welt, es gibt auch ein anderes Leben in der Welt Gottes, im
Reich Gottes.
2. Das ewige Leben ist nicht einfach eine unendliche
Verlängerung des irdischen Lebens, sondern es wird
ganz anders sein als hier: Unser Leben wird sich verwandeln. Darum brauchen wir
auch keine Angst zu haben vor dem Tod. Es gilt hier vielmehr das Wort des hl.
Paulus: "Was kein Auge gesehen und
kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen je in den Sinn gekommen ist: das hat
Gott denen bereitet, die ihn lieben."
3. Christus spricht von "denjenigen, die Gott für
würdig hält an jener Welt". Es gibt Voraussetzungen
für das Leben in der himmlischen Welt. Wir müssen für das Reich Gottes geeignet
sein, reif sein. Man muss – in der Sprache der Hl. Schrift - ein
"hochzeitliches Gewand" haben, um am himmlischen Hochzeitsmahl teilnehmen
zu können.
Das ist die ernste Seite der christlichen Hoffnung. Der katholische
Glaube ist keine billige Vertröstungsbotschaft, im Gegenteil: Der Christ nimmt
sein irdisches Leben sehr ernst. Er weiß um seine Verantwortung. Er weiß, dass
er den richtigen Weg wählen und gehen muss, um am großen Ziel anzukommen. Er
weiß, dass es einmal eine Bestandsaufnahme und Rechenschaftsablegung geben wird
- die Bibel sagt: ein "Gericht", bei der das Buch unseres Lebens
aufgeschlagen wird und dann zeigt sich, wer wir in Wahrheit sind.
Wir dürfen allerdings hoffen, dass dann bei diesem Gericht Gnade vor
Recht ergeht, dass wir dann einen barmherzigen Richter haben in Jesus Christus
- der uns nicht aufgrund unserer Verdienste, sondern aus Liebe und
Barmherzigkeit aufnimmt in sein ewiges Reich.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen